Wie private Anleger vom Geschäft mit Seltenen Erden profitieren können

Frankfurt Matthias Rüth hat aus Seltenen Erden ein Geschäftsmodell gemacht. Wer als Privatanleger in diesem Sektor spekulieren will, muss aber risikobereit sein.

Ein Unternehmer, ein Weltkriegsbunker und viel viel Erde – seltene Erde, mit der sich Geld machen lässt. Doch erst mal ist da nur Dunkelheit. Die Hand ist kaum vor Augen zu sehen. Zwei Meter dicke Außenwände und eine noch dickere Decke erzeugen Schwärze pur.

Matthias Rüth schaltet das Licht im Weltkriegsbunker im Frankfurter Osten ein. Sein Knopfdruck gibt den Blick auf einen zunächst unscheinbaren Schatz frei: Zu sehen sind nichts als blaue Fässer, Holzkisten und Kartons. Doch der Inhalt ist wertvoll – so kostbar, dass der Zugang zum Gebäude mit einer 4,6 Tonnen schweren Tür geschützt wird.

„In diesem Bunker befinden sich Werte im achtstelligen Dollar-Bereich“, sagt Rüth. Die etwa 40 Zentimeter hohen Fässer sind gefüllt mit Pulver. Was außen zu lesen ist, damit kann ein Laie nichts anfangen. Auf den Etiketten stehen Namen wie Neodym, Terbium, Dysprosium oder Praseodym. Es sind Metalle, die zu den sogenannten Seltenen Erden zählen.

„Nicht alle der Seltenen Erden sind selten“, klärt Rüth auf. Doch einige dieser Rohstoffe seien knapp – und das bei einem steigenden Bedarf: Denn sie sind unverzichtbar bei Zukunftstechnologien wie Elektromobilität oder Windkraft. So ist etwa Neodym extrem magnetisch. Man braucht es in sehr leistungsstarken Magneten für Windturbinen oder Elektromotoren.

Neben den Fässern mit Seltenen Erden lagern in dem ehemaligen Bunker noch Industriemetalle wie Gallium, Indium oder Germanium. Anders als die Seltenen Erden werden sie nicht pulverförmig aufbewahrt, sondern liegen als Barren in Kisten.

Gallium ist ein wichtiger Bestandteil für die LED-Produktion, Indium wird für Smartphone-Bildschirme benötigt, Germanium für die Glasfaser-Produktion. „Das sind gefragte Technologieprodukte, für die der Bedarf in den nächsten Jahren voraussichtlich steigen wird“, sagt Rüth erfreut. Der Unternehmer leitet die Firma Tradium und handelt seit mehr als zwei Jahrzehnten mit Seltenen Erden und Industriemetallen, die Firmen für ihre Produktion benötigen.

Doch die Industrie ist längst nicht mehr der einzige Kunde von Tradium. Seit Rüth 2011 den Bunker bei einer Zwangsversteigerung kaufte und seitdem mehrere Millionen Euro in Sanierung und Umbau steckte, wuchs auch das Interesse von Anlegern. Das hatte einen Grund: Im selben Jahr schossen auch die Preise für Zukunftsrohstoffe wie Seltene Erden in die Höhe.

Mitverantwortlich für den Boom war China: Die Volksrepublik hält sowohl bei den Seltenen Erden als auch bei Spezialmetallen wie Gallium einen Marktanteil von 80 bis 90 Prozent und nutzt diese Marktmacht als Druckmittel in Handelskonflikten. Als China 2010 die Exportquoten um zwei Drittel kappte, führte diese Verknappung zur Panik am Markt. Denn schließlich sind die Rohstoffe unersetzlich für Technologien von morgen.

Das Resultat: Die Preise verzwanzigfachten sich, einige sprangen sogar doppelt so stark nach oben.

Aber rasant fielen die Preise auch, als China seine Exportschranken wieder öffnete. Nach rund zwei Jahren war der Hype vorbei. So kostete das zu den Seltenen Erden gehörige Dysprosium in der Spitze mehr als 3000 Dollar je Kilo, nun liegt der Preis bei rund 350 Dollar.

Gallium kostete pro Kilo rund 1100 Dollar in der Spitze, mittlerweile sind es rund 300 Dollar. Beide Rohstoffe waren noch deutlich günstiger. Mittlerweile bewegt sich das Gros der Preise seitwärts bis leicht aufwärts. Die etwa 2000 Privatanleger, die in Spezialmetalle investiert haben und diese in dem Bunker lagern, schreckt das nicht ab. Im Gegenteil. Schließlich seien die Preise jetzt niedrig – gut für einen Einstieg, wirbt Rüth.

Auch die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) – ein Institut des Bundeswirtschaftsministeriums – prognostiziert, dass der Bedarf für einige der Spezialmetalle steigen wird. Allein der Bedarf an Germanium für den Glasfaserausbau wird mehr als 80 Prozent der gesamten Primärproduktion des Rohstoffs im Jahr 2013 ausmachen, so eine Dera-Studie. Der Bedarf an Dysprosium für Zukunftstechnologien werde die Produktion von 2013 sogar um das Doppelte übersteigen.

Starke Preisschwankungen

Gleichwohl hält Rohstoffagentur-Leiter Peter Buchholz eine Geldanlage in Spezialmetallen und Seltenen Erden für eher kritisch. Die Preise dieser Rohstoffe seien starken Schwankungen unterworfen, was auch der geringen Produktions- und Handelsmenge dieser Metalle zuzuordnen sei.

So würden jährlich rund 20 Millionen Tonnen Kupfer produziert, aber nur 100.000 bis 200.000 Tonnen Seltene Erden. „Wenn bei diesen Rohstoffen auch nur eine Raffinerie etwa wegen Umweltbedenken oder einer Havarie plötzlich schließt, kommt es zu einer Knappheit, und die Preise schießen nach oben“, sagt Buchholz. Grundsätzlich sei es schwer, solche Schwankungen vorherzusehen.

Auch Tradium-Chef Rüth gibt zu, wegen des Auf und Abs der Preise schon schlecht geschlafen zu haben. Er selbst investiere allerdings schon längst nicht mehr in Aktien. „Ich schätze es, sehen und fühlen zu können, worin ich mein Geld anlege.“ Zudem würden Technologiemetalle nicht zu den Finanzanlagen zählen – wer seine Rohstoffe nach einem Jahr also gewinnbringend verkauft, zahlt weder Abgeltungsteuer noch Solidaritätszuschlag.

Bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr entfalle auch die Einkommensteuer. Sowohl der Bunker im Osten der Stadt als auch die Lagerhalle hinter den Büroräumen von Tradium in Frankfurt-Niederrad sind außerdem Zolllager. Aus diesem Grund entfielen auch Zollgebühren und Mehrwertsteuer.

Als Anlagehorizont empfiehlt Rüth einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren. Denn von kleinen Preissteigerungen können Privatanleger nicht profitieren, wie er einräumt – dafür ist die Preisspanne zwischen An- und Verkauf viel zu hoch. Diese liegt je nach Menge zwischen zehn und 15 Prozent.

Grund dafür ist die geringe Liquidität des Markts. Anders als beim elektronisierten Wertpapierhandel an der Börse, wo sich für Aktien immer genug Abnehmer finden, gestaltet sich der Verkauf von speziellen Rohstoffen deutlich schwieriger. Tradium selbst verkauft die Rohstoffe direkt an die Industrie.

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Quelle: Handelsblatt.de

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